Zitate 2 - Toni Scheubeck, Bildhauer und Zeichner

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Zitate 2

Zitate

„Wegen ihrer materialbedingten Beständigkeit bilden Steine meist das Gerüst des japanischen Gartens. Aufgrund der Assoziationen mit ‘Zeitlosigkeit’ und ‘Ewigkeit’ hielten früher Gärtner und Auftraggeber eine Zeremonie ab, wenn ein Stein in den Garten gebracht wurde. Durch Lastautos und Kräne lassen sich heute auch große Gartensteine technisch recht einfach bewegen; noch vor 50 Jahren war das anders. Um damals aus den Bergtälern im Norden von Kyoto einen Stein zu holen, brauchte man einen Karren mit 3 Zugochsen. Einen ganzen Tag, vielleicht sogar 2 oder 3, dauerte es, bis der Stein aus seiner ursprünglichen Lage weggeschafft und auf den Karren geladen war. Mit der Fahrt in die Stadt warteten die Ochsentreiber bis zum Anbruch der Nacht; vielleicht weil man in ferner Vergangenheit glaubte, sakrosankte Steine dürften erst an ihrem endgültigen Standort dem Blick ausgesetzt werden.......Gartensteine werden stets zum Teil in die Erde eingegraben. Der versenkte Teil heißt  ‘shiki’; die Linie, an welcher der Stein im Boden verschwindet, heißt ‘ne’ (Wurzel) oder auch ‘suso’ (Saum). Die Gestalt dieser Linie bestimmt sich aus der Tiefe, bis zu welcher der Stein eingegraben wird. Auf Linie und Tiefe achten die Gärtner besonders, denn diese Faktoren haben großen Einfluß auf Schönheit und Ausstrahlung des Steins. Eine Gruppe von drei oder mehr Steinen, zum geschlossenen ästhetischen Arrrangement zusammengefaßt, heißt ‘ishi-gumi’. Nach altem Naturglauben galten Steine zunächst als Sitz göttlicher Geister, und noch heute findet man bei Shinto-Schreinen heilige Steingruppen. “  
Teiji Itoh

„Tu Wans Steinkatalog, der um 1150 nach Christus entstandene Yun lin Shih p’u (Steinkatalog des wolkigen Haines), enthält eine genaue Beschreibung der vom Grund des T’ai-Sees stammenden T’ai-hu-Steine: ‘Riesige Exemplare, bis zu etwa 15 Metern Höhe, deren Färbung von weiß über ein helles Blau bis zum Blauschwarz reicht und deren Oberfläche als netzartiges Relief ausgebildet ist, werden aus dem See gehievt. Die begehrtesten haben ganz unregelmäßige und schroffe Konturen und sind reich an Löchern. Kleine Eintiefungen der Oberfläche heißen Armbrust-Kugel-Nester’. Die kleinen Vertiefungen entstanden dadurch, dass bei stürmischem Wetter kleinere und härtere Kiesel von den Wellen in den porösen Kalkstein hineingedrückt wurden, aus dem diese Felsen bestanden. Echte T’ai-hu-Steine verloren an Wert, wenn sie anschließend von Menschenhand verbessert wurden, aber es entwickelte sich eine lokale Industrie, die dem natürlichen, vom Wetter ausgelösten Prozeß insofern Vorschub leistete, als man Kalksteine, die sich dafür eigneten, in den See versenkte.”
Maggie Keswick Chinesische Gärten

„Hier schoß ein Stein von der ebenen Erde in die Höhe, strebte in mannigfaltigem , zusammengedrängtem Sehnen hoch, hoch empor von der ebenen Erde, durch Zwielicht und Dämmerung, über die ganze Stufenleiter aller Wünsche, durch alle erdenklichen Seitensprünge, alle möglichen Abzweigungen, der Verklärung, der Berührung, dem Treffen und der Vollendung, der Umklammerung, der engsten Umarmung entgegen, dem Einswerden, der vollkommensten, schwindelnden Vollendung, zeitloser Verzückung! Dort blieb seine Seele hängen, am Schußstein des Bogens in zeitloser Verzückung verharrend, vollendet.
Und um ihn war weder Zeit noch Leben oder Tod, nur dies eine, diese zeitlose Vollendung, wo jeder von der Erde emporstrebende Schuß auf einen anderen traf und der Bogen sich im Schlußstein der Verzückung vollendet. Dies war alles, dies war das Ganze. Bis er schließlich unten auf der Erde wieder zu sich kam.”                              
D. H. Lawrence Der Regenbogen

“Einige Steine und Orte besuche ich immer wieder. Bei jeder neuen Arbeit erfahre ich auch etwas Neues über den Charakter des Steins. Jeder Stein ist ein Stein und viele Steine zugleich - er verändert sich von Tag zu Tag, von Jahreszeit zu Jahreszeit. Ich beschränke mich nicht nur auf Steine. Ich will das Prinzip erkennen, das allen Dingen innewohnt. Stein ist Holz, Wasser, Erde, Gras.......was mich interessiert, ist die in Materialien und Orten gebundene Zeit, die den Stein in einer Blume, und die Blume in einem Stein zum Vorschein kommen läßt.”
Andy Goldsworthy

„Hinzu kommt, dass die eigene Konsistenz der Oberflächen durch sorgfältige Polituren gesteigert wird. Die kleine Körnung des Sandpapiers, die einem Stein seinen letzten matten Schliff gibt, dient nicht dazu, ihn zu verschließen oder ihn in die Hand des Betrachters einzuschmeicheln, sondern, wie es die Metapher der Haut nahelegt, auch durchlässig zu machen. Die plastische Oberfläche wird durch dieses Verfahren selbst zu einem Träger des Lichtes, sie entwickelt eigene Bedingungen der Lichthaftigkeit, etwa wenn wir erkennen, dass die Dichte des Steins, das heißt, die scheinbare Durchlässigkeit für Licht, seine jeweilige Art, Licht zu reflektieren oder zu verzehren, beeinflußt. Damit hängt zusammen, dass wir an Arbeiten, wie denen von Karl Prantl beobachten können, dass sie nicht nur - wie Dinge sonst - im Licht stehen, sondern ihre eigene Lichtaura oder Lichtregie entfalten, dass sie nicht im Raum stehen, sondern ihren eigenen plastischen Raum mit sich führen. Sicherlich ist es eine für die Gattung der Plastik insgesamt zutreffende Feststellung, dass die Oberflächen nicht nur Dinggrenzen sind, sondern gleichsam dialektische Grenzflächen, an denen eine Beziehung zwischen Innen und Außen ausgetragen wird, wo sich das auf andere Weise unzugängliche Innere des Materials mit seinen Eigenschaften meldet. “
Gottfried Boehm über die Steine von Karl Prantl

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